Wir haben uns Ende 2011 auf omegle getroffen, ich war 17, du warst 15. Wir haben viel geschrieben und uns nett unterhalten, dann habe ich dir meinen Facebooklink geschickt. Du hast mich als Freund hinzugefügt und wir haben weiter geschrieben.

Eine wunderbare Freundschaft

Du hast in einem anderen Land gelebt und wir haben viel geschrieben, fast jeden Tag habe ich von dir gehört. Du hast von deinem Tag erzählt und ich dir von meinem. Damals wusste ich nicht, dass du schwer depressiv und chronisch krank warst. Ich wusste nicht, dass du dich verletzt hast und dich umbringen wolltest, all das wusste ich nicht. Du warst für mich nur ein normales Mädchen. Dann habe ich erfahren, dass du nicht zur Schule gehst, du sagtest es sei aus gesundheitlichen Gründen. Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht, es wird schon alles seine Richtigkeit haben. Bei so vielen Fragen hast du mir zu gehört und einfach ein offenes Ohr gehabt, du warst für mich da und hast mich unterstützt.

Der Fehler

Ich wollte dir nur ein Freundschaftsarmband schicken, da du sagtest du hattest lange keine echten Freunde mehr. Für mich warst du immer eine Freundin und wirst du immer eine Freundin bleiben und das habe ich dir gesagt, du hast dich so gefreut, da wollte ich dir einen Beweis schicken. Leider war dir das nicht geheuer und am Ende Mai 2012 hast du nach eineinhalb Jahren den Kontakt abgebrochen, vollkommen zu Recht. Ich dachte ich höre nie wieder von dir.

Meine Not

Ich war in einer schlechten Situation, ich brauchte Freunde, niemand hatte Zeit und ich hatte niemanden zum Reden. Anfang März 2013 habe ich mir dann gedacht, wen hatte ich in meinem Leben, der mir gut getan hat, dem ich vertraue und den ich einen Freund nennen kann. Das warst du. Also habe ich dich wieder angeschrieben und du hast geantwortet. Ich war komplett überrascht, du hattest deine Gründe und hast trotzdem geantwortet, du wolltest wieder mit mir befreundet sein, das hat vorher noch nie jemand getan.

Eine neue Chance

Wir wurden wieder Freunde, wir haben viel geredet und eines Tages haben wir geskypt, ich weiß nicht mehr wann, aber es war überwältigend dich zu sehen. Du bist ein echter Mensch, ich habe mir nicht eingebildet mit dir zu reden, du bist echt. Du hast wirklich zwei Katzen, du hast wirklich in einem Zelt gelebt, es war einfach schön.

Wir haben mindestens dreimal die Woche geskypt und wurden zu sehr guten Freunden. Du sagtest mir, ich sei der beste Freund den du je hattest, das hat mich zu Tränen gerührt, jemand sieht mich als den besten Freund an, den sie je hatte. Das war einer der schönsten Momente in meinem damaligen Leben.

Der Frust

Leider lief es bei mir im Mai und Juni nicht so gut, der Anfang von 2013 war generell eher schwierig für mich. Ich wurde sehr oft abgewiesen, der damals wichtigste Mensch ist aus meinem Leben verschwunden und ich habe mich so alleine gefühlt wie nie zuvor. Ich konnte nicht mehr, also habe ich dich gefragt, meine beste Freundin, ob du mit mir ausgehen würdest wenn du könntest. Deine Antwort hat mir den Tag gerettet

Of course I would, you are a great person.

Eine neue Liebe, meine erste Beziehung

Danach ging alles so schnell. Wir haben uns verliebt, wir haben jeden Tag geskypt, wenn ich von der Arbeit kam, habe ich als erstes dich angerufen. Es war wundervoll. Doch leider war es nicht genug, es tut weh die Person die man liebt nie anfassen zu können. Wieder einmal habe ich all meinen Mut zusammen genommen und dich gefragt, ob du mich besuchen möchtest. Und deine Antwort war wieder überwältigend, du hast einfach nur ja gesagt.

Sofort habe ich angefangen zu planen und Dinge vorzubereiten, ich wollte unbedingt, dass du herkommst. Also Flüge gecheckt und alles dafür getan, dass du her kommen kannst. Du bist hergekommen. Auf dem Weg vom Flughafen war ich so nervös wie nie, mein bester Freund hat mich beruhigt. Es wird alles gut werden, hat er gesagt, ihr kennt euch doch.

Am 19. September 2013, bist du auf mich zu gestürmt, du hast mich in den Arm genommen und nicht mehr losgelassen. So viel Liebe auf einmal, niemals hat mir jemand diese Form von Liebe in dieser Menge geschenkt. Ich war ehrlich überfordert. Wir sind nach Hause gefahren und du hast mich die ganze Zeit nicht losgelassen, nur als wir ins Auto gestiegen sind. Im Auto hast du dich an mich geklammert und wir haben die Zeit Arm in Arm verbracht.

Wir sind zu mir nach Hause gefahren und haben die beiden anderen gehen lassen. Im Durchgang habe ich dich dann an mich ran gezogen und geküsst. Mein erster Kuss, es war es wert auf dich zu warten.

Unser erstes gemeinsames Essen gab es von Joey’s ich weiß nicht mehr welche Pizza wir hatten, aber obwohl noch zwei andere Leute am Tisch saßen war es für mich das erste gemeinsame Essen, es war einfach toll.

Ein neues Leben

Für dich hat in ein neues Leben angefangen, allerdings hat dich dein altes Leben nicht in Ruhe gelassen, du warst sehr krank und ich habe alles getan um dir zu helfen. Ich konnte dir nur sehr langsam helfen, das hat mich schwach gemacht. Alle meine Kraft habe ich aufgewendet um dir zu helfen und dir ein neues, ein besseres Leben zu schenken, dabei habe ich mein Leben aufgegeben.

Am Anfang wollte ich vieles mit dir unternehmen, dich meinen Freunden vorstellen, dir die Stadt zeigen doch du warst zu krank. Wir mussten langsam und in kleinen Schritten anfangen und vorwärts gehen. Es hat mich alle meine Kraft gekostet dich auf die Beine zu bringen, aber es war es wert. Dich glücklich zu sehen, war alles was ich gebraucht habe um glücklich zu sein. Wenn ich neben dir einschlafen konnte, war mein Tag perfekt, egal was vorher war.

Ein gemeinsames Leben

Über die Zeit haben wir uns ein gemeinsames Leben aufgebaut, ich war arbeiten und du hast daran gearbeitet, dass es dir besser geht. Oft hast du mich gefragt, ob du mich zur Arbeit bringen kannst, du bist nur bis zum Bahnhof mit gekommen, nach Hannover hast du dich nicht getraut. Nach einem halben Jahr sind wir gemeinsam nach Hannover gefahren, ich habe den Tag auf der Arbeit verbracht, du hast den Tag am Bahnhof verbracht. Du hattest einen schönen Tag. Wir sind gemeinsam nach Hause gefahren und sind ausgegangen.

Du warst mein ein und alles, mein ganzes Leben habe ich auf dich ausgerichtet. Alle Energie, alle Kraft die ich hatte habe ich in dich gesteckt, zu wenig in mich. Ich wurde depressiv. Dir ging es von Tag zu Tag besser, mir nur schlechter. Schließlich hast du gesagt, dass ich einen Arzt sehen müsse. Also sind wir zum Psychiater gegangen, Diagnose: mittelschwere Depression. Wow, das war nicht einfach. Ich habe direkt Tabletten bekommen und mir ging es besser.

Wir haben viel Zeit miteinander verbracht, haben viel gelacht und viel Spaß gehabt. Du warst die einzige Person die je zu meinem inneren Ich gesprochen hat. Es gibt so vieles was du mir gegeben hast, so vieles was ich gegeben habe. Wir hatten ein gemeinsames Leben.

Du hast dich bei mir bedankt, ich wusste nicht wofür und du hast mir erklärt, ich habe dir mehrmals das Leben gerettet. Ich bin der Grund, dass du dich nicht umgebracht hast als du noch zuhause warst, bis heute ist das für mich ein schweres Paket.

Mein Absturz

Doch leider hatte das Glück ein Ende, meine Depression wurde stärker und ich entwickelte Suizidgedanken. Lange habe ich es dir nicht erzählt und es verheimlicht, dein Glück stand an erster Stelle, ich war egal. Dir ging es gut, mir nicht, aber das war mir egal. Vor der Geburtstagsfeier einer Freundin wollte ich mich schließlich umbringen. Du hast meine Eltern angerufen und gesagt, dass ich ins Krankenhaus muss. Soweit ist es gekommen, ich war im Krankenhaus, ich war suizidgefährdet. Zum Glück habe ich mich wieder beruhigt und sind auf die Feier gegangen. Es war ein schöner Abend.

Das Ende einer Liebe, einer Beziehung, einer Freundschaft

Durch meine Depression habe ich dich immer mehr vernachlässigt, ich wollte dich nur schützen, wollte nicht, dass du in meinen Abwärtsstrudel mit hinein gezogen wirst. Ich wollte das alles nicht. Doch habe ich genau das erreicht. Mitte 2015 war unsere Beziehung am Ende, wir haben kaum noch geredet und nicht mehr viel mit einander gemacht. Du wurdest zu einer Mitbewohnerin mit der ich im gleichen Bett schlief. So sehr habe ich dich geliebt und umso mehr wollte ich dich schützen, vor mir.

Am 21. Oktober 2015, ein Tag nach deinem Geburtstag hast du die Beziehung beendet. Es war der richtige Schritt für dich und auch für mich. Die Beziehung war schon lange beendet, nur hatte keiner von uns den Mut dies auszusprechen.

Schweden

Bevor du zurück nach Hause geflogen bist, wolltest du noch einmal unseren gemeinsamen besten Freund besuchen. Also bist du nach Gießen gefahren. Du hast eine Woche mit ihm verbracht und bist dann nach Schweden geflogen, ich weiß nicht wohin, du sagtest zu einem Freund.

Nach zwei Wochen bist du wieder nach Hause gekommen, wir haben uns in Frankfurt am Hauptbahnhof getroffen, du hast kein Wort mit mir geredet. Ich wusste nicht was los war. Du sagtest ich hätte dich vernachlässigt und war nicht gut für dich. Die Zugfahrt nach Hause war still. Wir haben nicht ein Wort gewechselt.

Wir waren zuhause, in der gleichen Wohnung in der wir schon so oft waren, doch dieses Mal ging es mir so schlecht wie nie. Ich musste mit dir reden. Ich musste dir erklären warum ich getan habe was ich getan habe. Als ich dich angeschrien habe und dir versucht habe zu erklären wie es ist jemandem das Leben zu retten, wie es sich anfühlt einem Menschen das Leben wiederzugeben. Ich wurde suizidal und wollte mich umbringen.

Die erste Nacht in der Psychiatrie, ich habe eine Nacht auf der geschlossenen Station verbracht. Es war schrecklich, dort will ich nie wieder hin. Du hast dir Sorgen gemacht, als ich am Morgen nach Hause kam hast du dich bei mir entschuldigt und mich in den Arm genommen, ich habe sehr stark geweint, ich war dir nicht egal.

Eine Freundschaft auf altem Fundament

Am 14. Dezember 2015 bist du nach Hause geflogen, ich habe dich seit dem nicht mehr im Arm gehalten. Wir haben noch viel geskypt, doch das wurde immer weniger. Der Kontakt versiegte und wir waren nur noch Bekannte, eine alte Liebe. Ohne dich war mein Leben anders, ich habe umgeräumt, habe eine Therapie begonnen, leider ohne Erfolg.

Ich wollte wieder mehr Kontakt zu dir und habe den Kontakt gesucht, es hat funktioniert, eine neue Freundschaft ist entstanden. Du hast verstanden wie sehr es mich belastet hat dir zu helfen und du hast mir gedankt. Du sagst immer wieder, dass du mir dein Leben zu verdanken hast, doch musste ich meins dafür geben.

Es tut mir leid

Ich habe vieles falsch gemacht, vieles habe ich versaut und vieles war einfach dumm. Doch habe ich auch etwas richtig gemacht, etwas durch und durch gutes geschafft, ich habe dir ein Leben gegeben. Jetzt ist es Zeit mir meins zurückzuholen.

Du warst das Beste was mir in meinem bisherigen Leben je passiert ist.